Mit Prüfröhrchen führt Corvin eine Messung einer bläulichen Flüssigkeit durch.

Was ist zu tun, wenn tausende Liter giftiges Ammoniak auslaufen, Kanister mit einer unbekannten Flüssigkeit gefunden werden oder eine Tierseuche wie die afrikanische Schweinegrippe plötzlich ausbricht?

Auf diese Fragen hat ein ABC-Zug die Antworten. Corvin ist M

itglied in so einem Zug. Er berichtet uns von seinen Erfahrungen und Erlebnissen.

„Hi, ich bin Corvin, 18 Jahre alt und gerade von der Jugendfeuerwehr in die Feuerwehr Oldenburg – Haarentor gewechselt. Im ABC-Zug zu sein ist schon etwas besonders. Bei meinem ersten Einsatz hatten Chemiker ausversehen Salzsäure und Salpetersäure in einen Kanister gekippt. Es entstand ätzendes Königswasser. Der Kanister blähte sich auf das Dreifache aus. Als der Kanister sicher von zwei Feuerwehrleuten in Chemikalienschutzanzügen geöffnet wurde, roch die ganze Straße säuerlich.“

Der CSA-Trupp untersucht die ausgelaufene Flüssigkeit.

„Diese Anzüge kamen auch bei unserer letzten Übung zum Einsatz. An der Übung fand ich besonders interessant das ich selber mit Prüfröhrchen messen und die Ergebnisse per Funk übertragen durfte. Über den Besuch meiner Freunde aus der Jugendfeuerwehr Ofenerdiek habe ich mich ebenfalls sehr gefreut. Dort nehme ich noch häufig am Dienst teil. Die Jugendfeuerwehr schaute zu, als wir anhand des Austritts von 15.000 Liter Ammoniak übten“, erklärt Corvin.

Wird eine so große Menge eines giftigen Stoffes freigesetzt entsteht eine giftige Wolke. Diese breitet sich wie der Rauch beim Grillen, mit dem Wind aus. Für Menschen, die sich in der Wolke aufhalten oder dort wohnen, besteht dann die Gefahr sich zu vergiften. Ammoniak schädigt zum Beispiel Schleimhäute, Augen und Nase durch dessen Ätzwirkung und führt im schlimmsten Fall zum Tod durch Ersticken.

In dem Messleitfahrzeug der Feuerwehr Haarentor wird der ABC-Einsatz koordiniert.

Die Aufgabe des ABC-Zuges der Feuerwehr Haarentor ist es in solchen Fällen herauszufinden wie sich die Wolke ausbreitet und wo eine Gefahr für Menschen, Tiere oder die Umwelt besteht.

Dafür besitzt der Zug ein Messleitfahrzeug mit einer Wetterstation, zwei Funkarbeitsplätzen und zwei Computern mit einer besonderen Software, die die Freisetzung von Stoffen berechnen kann. Die Wetterstation sammelt Wetterdaten wie Windgeschwindigkeit, Windrichtung, Temperatur, Luftfeuchtigkeit, Luftdruck und Niederschlag. Die Software errechnet anschließend wie sich die giftige Wolke ungefähr ausbreitet. Ein Gas hält sich jedoch in der Regel nicht an diese Abschätzung. So kann es zum Beispiel vorkommen das die giftige Wolke wie ein Fluss einen Bogen macht, in höhere Luftschichten aufsteigt oder an einem anderen Ort wie Regen auf die Erde fällt.

: Corvin funkt im Messleitfahrzeug mit den Messfahrzeugen und bedient die Software zur Schadstoffausbreitung.

Alleine abzuschätzen wo eine Gefahr für Menschen, Tiere oder die Umwelt besteht reicht somit nicht aus. Denn es besteht gegebenenfalls für einige Menschen eine Gefahr die sich außerhalb der von dem Computer berechneten Wolke befinden. Andere Bereiche werden wiederum für gefährdet erklärt werden, obwohl sie gar nicht betroffen sind.

Um zu bestimmen für wen nun wirklich eine Gefahr besteht, werden durch das Messleitfahrzeug bis zu fünf Messfahrzeuge an verschiedene Orte geschickt. An diesen Orten werden dann Messungen durchgeführt, um die wirkliche Konzentration eines Stoffes an dem Ort zu bestimmen. Angefangen wird mit Orten am Rand der Wolke, an Schulen, Krankenhäusern oder überall dort wo sich viele Menschen aufhalten. Mit jeder Messung wird immer genauer bekannt wohin die Wolke wirklich zieht.

Ein CSA-Trupp nimmt eine Probe einer ausgelaufenen Flüssigkeit.

„In einem anderen Teil der Übung durfte ich zwei Kameraden helfen einen Chemikalienschutzanzug (CSA) anzuziehen und Messungen vorzubereiten. Das fand ich sehr interessant“, macht Corvin klar. Ein CSA ist ein spezieller Anzug der so dicht ist, dass keine Flüssigkeit und kein Gas in den Anzug eindringen kann. „Dafür hat man dort sein eigenes Wetter! Denn wenn man schwitzt sammelt sich das ausgeschwitzte Wasser in dem Anzug und fällt wie Regen auf einen zurück. Das will ich, auch wenn es sehr anstrengend ist, auch mal machen“, freut sich Corvin.

Die CSA-Träger waren Teil der Besatzung des CRBN-Erkundungskraftwagens und mussten das Auslaufen einer unbekannten bläulichen Flüssigkeit aus Kanistern verhindern, Messungen durchführen und Proben nehmen.

„Meine Freunde aus Ofenerdiek durften hier selbst anpacken, mit pH-Papier den pH-Wert der ausgetretenen Flüssigkeit bestimmen und die genommen Proben öffnen und begutachten“ berichtet Corvin.

Nach ihrem Einsatz werden die CSA-Träger dekontaminiert.

Bei der Feuerwehr Haarentor koordiniert das Messleitfahrzeug nicht nur die Messfahrzeuge und den Einsatz des CBRN Erkundungskraftwagens, sondern den gesamten Einsatz. So werden zum Beispiel ankommende Fahrzeuge oder Personen die dekontaminiert werden sollen registriert und koordiniert.

Fahrzeuge und Personen müssen dekontaminiert werden wenn sie sich durch eine Wolke aus Schadstoffen bewegen, Einsatzkräfte in unmittelbarer Nähe zu Schadstoffen eingesetzt werden oder sie mit Chemikalien in Berührung kommen. Dann müssen sie von den Chemikalien befreit und gereinigt werden. Die Reinigung eines Fahrzeuges oder einer Person von Schadstoffen wird als Dekontamination (kurz Dekon) bezeichnet. Eine Kontamination ist die Verschmutzung von Oberflächen mit Schadstoffen.

Eine Kontaminationsverschleppung ist einer der schlimmsten Ereignisse beim ABC-Einsatz. Bei einer Kontaminationsverschleppung wird ein Stoff zum Beispiel an Stiefeln in saubere Bereiche getragen oder dringt im schlimmsten Fall in den Körper ein. So eine Verschleppung könnte unter anderem entstehen wenn jemand mit seinen Stiefeln durch eine Chemikalie läuft, den Gefahrenbereich verlässt, später die Stiefel anfasst und anschließend in einer Pause in einen Topf mit Würstchen greift. Mit jedem Schritt würde die Chemikalie verteilt und sogar über das Essen in den Körper gelangen.

Den Jugendlichen wird gezeigt wie ein Fahrzeug dekontaminiert wird.

Während der Übung des ABC-Zuges wurden für die Dekontamination von Fahrzeugen zwei 30 Meter mal fünf Meter große Flächen mit Dekontaminationsrahmen aufgebaut. Der ABC-Zug verfügt insgesamt über vier dieser Dekontaminationsrahmen. Die Rahmen können sowohl zur Dekontamination von Fahrzeugen, bei der Kontamination mit chemischen Stoffen, als auch bei der Desinfektion von Fahrzeugen bei hochinfektiöse Krankheiten, wie der Maul und Klauen Seuche (MKS), Ebola oder der Afrikanischen Schweinepest eingesetzt werden.

CSA-Träger müssen sich bei der Dekontamination zunächst die Füße waschen. Anschließend wird ihr Anzug in einem Duschzelt gesäubert. Da der Anzug sehr groß ist entstehen überall Falten, die sorgfältig gereinigt werden müssen. Der Anzug bleibt dabei die ganze Zeit geschlossen. Erst wenn sichergestellt ist das möglichst alle Chemikalien von dem Anzug entfernt wurden, wird der Anzug ausgezogen. Weil dies alleine zu schwierig ist, wird während jedem Schritt geholfen. Mit der Dekontamination verbringt ein Feuerwehrmann maximal 30 Minuten in einem Chemikalienschutzanzug.

Der ABC-Zug der Feuerwehr Haarentor verfügt über einen Gerätewagen „Dekon Geräte (G)“ sowie einen Gerätewagen „Dekon Personal (P)“. Der Gerätewagen Dekon P wird vom Bund gestellt. Auf ihm sind nicht nur das Duschzelt für die CSA-Träger, sondern auch weitere Duschzelte verladen. Sie können genutzt werden um nach dem Ausziehen des CSA Personen zusätzlich zu duschen. Die Zelte werden also zur Entgiftung, Entseuchung und Entstrahlung von biologischen und radiologischen Kontaminationen eingesetzt. Das für die Dekontamination benutzte Wasser wird vollständig aufgefangen und nach dem Einsatz durch Spezialfirmen entsorgt.

„Während meiner Zeit in der Jugendfeuerwehr bin ich nie mit dem ABC-Zug in Berührung gekommen. Deswegen fand ich es besonders gut das sich die Jugendfeuerwehr Ofenerdiek unsere ABC-Übung anschauen konnte. Bei einem ABC-Zug bekommt man ganz andere Sachen zu sehen als bei einem Löschfahrzeug oder der DV3. Ein ABC-Zug freut sich sicher über einen Besuch einer Jugendfeuerwehr.“, erläutert Corvin“.

Bericht und Bilder: Markus Alexander Lehmann

Kategorien: Allgemein

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